Mein Englisch bewegt sich, je nach Tagesform, irgendwo zwischen bedauernswert und peinlich. Die Einzigen, die es jemals als  gut beurteilten, waren Franzosen bzw. Kanadier und da weiß ich warum: eine Mischung aus eigener Unkenntnis und Freundlichkeit gegenüber einem Fremden.

Demzufolge war es pure Anmaßung von mir, auf das verlockende Angebot eines sehr preiswerten Kurzabonnements inklusive coolem Leinenbeutel des New Yorker einzugehen. Vielleicht hat der Leinenbeutel den Ausschlag gegeben.

Das ist natürlich Unsinn. Den Ausschlag gaben die wunderschönen Cover, von denen ich fast jedes einrahmen könnte. Die Cover sind die perfekte Verbindung zwischen Nostalgie und Moderne. Allein dafür wäre der Preis schon gerechtfertigt, aber es gibt auch noch Inhalt. Und nicht zu knapp. Die Kurzkritiken von neuen Filmen, Büchern, Konzerten und Ausstellungen sind so verständlich und prägnant, dass ich damit anfing, in die Texte einzusteigen.

Dann entdeckte ich den begnadeten David Remnick. Politische Analysen auf höchstem Niveau. Die philosophische über das aktuelle Geschehen weit hinausreichende Ebene seiner Kurzessays blieb selbst mir nicht verborgen. Wie er mit der angebrochenen Trump- Ära umgeht, ist beispielhaft: scharfe Analysen des dem Geschehen  innewohnenden Ungeistes, gepaart mit Spott und weitsichtiger Abgeklärtheit, machen die Lektüre zum Vergnügen, selbst für Dilettanten wie mich.

Wenn man versucht, sich einer fremden Sprache zu nähern, gibt es nichts Besseres als zu versuchen, den Humor zu verstehen. Wenn das neue Heft kommt, sehe ich mir als Erstes die Cartoons an. Dass die Lektüre des New Yorker nicht ohne Folgen blieb, zeigt sich daran, dass ich mittlerweile mehr als die Hälfte der Cartoons verstehe und tatsächlich schon einmal überlegt habe, mich am Leserwettbewerb für eine Bildunterschrift unter den Cartoon der Woche zu beteiligen, was ich bisher vernünftigerweise aber nicht getan habe.

Mittlerweile ist mein Abonnement verlängert und ich warte jede Woche sehnsüchtig auf das kleine eingeschweißte Heft in meinem Briefkasten. Auch wenn das abgebildete Cover genial ist, bleibt zu hoffen, dass es soweit nicht kommt. Madame Liberty ist eine streitbare Dame, wie sie schon öfter gezeigt hat. Notfalls macht sie dem betreffenden Herrn mit der Fackel ein Feuer unter dem Hintern.

 

P.s. Wenn ich einkaufen gehe, habe ich die Wahl zwischen meinem kleinen Karibu-Beutel aus Kanada für den Frühstückseinkauf, der großen Normandie- Tasche für Lebensmittel und Wein. Wenn ich aber vorhabe, meinen geistigen Vorrat in einer Buchhandlung aufzufrischen, benutze ich natürlich den New Yorker- Beutel.